Eine neue feministische Pornokritik

„Der Porno ist kein großes männliches Unterdrückungsinstrument, ebenso wenig wie Öffnung des Pornos männlichen Machtverlust zur Folge hat.“

Die Auseinandersetzung mit Pornographie ist tief in politischen und feministischen Diskursen verwurzelt. Der Filmwissenschaftlerin Linda Williams zufolge zeigt sich das Genre der Pornographie nicht als stabil und eindeutig. In der heutigen Gesellschaft sehen wir, wie diese Instabilität auch in der Krise der Männlichkeit widergespiegelt wird. 

Geschlecht und Sexualität können nicht in starren Kategorien gefasst werden. Judith Butler betont, dass Geschlechtsidentität durch Machtbeziehungen hergestellt wird und dass diese Konstruktionen nicht nur die Geschlechter selbst, sondern auch die gesellschaftlichen Normen formen, die unser Verhalten prägen. 

 

Feministische Pornokritik und Fem Porn als ihre Praxis

„Dabei wird in dieser feministischen Aneignung die Pornographie diesem Kontext erst entrissen. Genauso wenig verkommt unsere Beschäftigung mit der Pornographie zur bloßen Geste für sexuelle Befreiung. Unser Mittel ist die Kritik, unsere Absicht, etwas Neues zu schaffen.“

Wir sollen die Annahme überdenken, dass Pornographie automatisch die männliche Dominanz verstärkt. Es ist entscheidend zu erkennen, dass die Mainstream-Pornographie oft Klischees reproduziert, die aber auch nicht die männliche Lust widerspiegeln. Hier liegt das Potenzial für eine feministische Aneignung von Pornographie, die nicht nur die bestehenden Machtverhältnisse in Frage stellt, sondern auch neue Formen der Sexualität und des Begehrens eröffnet – sogar für heterosexuelle Männer. 

Nicht nur die Seite der Produktion ist eine offene Baustelle – es fehlt uns auch an Sexualkompetenz – dazu gehört eben auch Pornographie. Eine „Porn Literacy“ könnte dazu beitragen, dass Konsumierende kritisch mit pornographischen Inhalten umgehen lernen und die sozialen Normen hinterfragen, die ihnen zugrunde liegen. In einer Welt, in der Pornographie oft als Tabuthema behandelt wird, ist es an der Zeit, eine offene Diskussion über sexuelle Praktiken und deren Repräsentation zu führen. Am besten schon im Aufklärungsunterricht. 

Es geht sich also nicht um einen Ausschluss pornographischer – in diesem Kontext oft als frauenfeindliche Praktiken verstanden – sondern um eine Neukodierung dieser Praktiken.

Der Weg zu einer feministischen Pornographie erfordert nicht nur eine kritische Reflexion über bestehende Inhalte, sondern auch den Mut, neue Narrative zu entwickeln und die Art und Weise zu verändern, wie wir Sexualität darstellen und verstehen. Es ist ein komplexer Prozess, der sowohl die Diversität der sexuellen Identitäten als auch die Unterschiede in den Erfahrungen von Lust und Begierde in den Vordergrund rücken muss. 

 

 

Cover Buch feministische Pornografie Feminismus fickt!

Das Buch Feminismus fickt! von Patrick Catuz über Perspektiven feministischer Pornoindustrie führt ihn von einer Kulturgeschichte zu seinen eigenen Erfahrungen bei Fem Porn Produktionen von Erika Lust.