Die Zeiten, in denen Pornografie ausschließlich in öffentlichen Räumen konsumiert wurde, sind längst vorbei. Pornografie hat sich zunehmend in den privaten Raum zurückgezogen. Früher war der Konsum oft öffentlich in Pornokinos. Heute ist Pornografie zu einem Teil des häuslichen Lebens geworden, konsumiert in der Intimität unserer eigenen Schlafzimmer. Diese Entwicklung hat die Art und Weise, wie Pornografie wahrgenommen und produziert wird, grundlegend beeinflusst.
Die Content Economy erreicht die Pornografie
Mit der Verbreitung des Internets haben Plattformen wie YouTube eine zentrale Rolle in der Verbreitung von Videoinhalten eingenommen. Mit dem Aufkommen des Internets sind Plattformen entstanden, die es den Nutzern ermöglichen, eigene Inhalte zu erstellen und zu teilen. Diese „Content Economy“ hat dazu geführt, dass Videoportale wie YouTube nicht nur für allgemeine Inhalte, sondern auch für die Pornografie von Bedeutung sind. Während in den Anfängen des Internets vor allem pornografische Bilder dominierten, haben Videos diesen Bereich mittlerweile weitgehend übernommen. Plattformen wie YouPorn und PornHub sind heute die Hauptakteure im Bereich der Online-Pornografie und ermöglichen es Nutzern, Inhalte hochzuladen, zu kommentieren und zu bewerten.
Content Economy und Prosumer: Die Rolle der User:innen
Das Internet hat die Art und Weise revolutioniert, wie Inhalte erstellt und konsumiert werden. Ein zentraler Aspekt der modernen Pornografie ist die Rolle der User:innen. Sie sind nicht mehr nur Konsumenten, sondern auch Produzenten – die sogenannten „Prosumer“. Diese Fluidität zwischen Konsum und Produktion hat die traditionelle Vorstellung von Publikum im Netzzeitalter verändert. Die Nutzer:innen gestalten aktiv die Inhalte mit, taggen, kommentieren und kreieren ihre eigenen Videos. Diese Interaktivität hat zu einer Demokratisierung der Pornografie geführt, in der jeder die Möglichkeit hat, seine eigenen Vorstellungen und Fantasien auszudrücken. Die Fluidität zwischen Konsum und Produktion führt zu einer veränderten Dynamik, in der die Qualität und Quantität der Inhalte stark durch die Nutzer:innen selbst bestimmt wird.
Die Vielfalt der Kategorien
Die Kategorisierung von Pornografie hat sich ebenfalls ausgeweitet. Die Inhalte auf Pornoplattformen sind in verschiedene Kategorien unterteilt, die von sexuellen Vorlieben bis hin zu spezifischen Fetischen reichen. Diese Kategorisierungen sind entscheidend für die Auffindbarkeit und den Konsum von Inhalten. Heutzutage gibt es eine Vielzahl von Kategorien, die spezifische Vorlieben bedienen, von Alterskategorien bis hin zu Fetischen. Diese Kategorien sind nicht nur eine Möglichkeit zur Sortierung, sondern reflektieren auch gesellschaftliche Normen und Tabus. Viele pornografische Clips bieten narrative Strukturen und Szenarien, die über bloße sexuelle Handlungen hinausgehen. Beliebte Motive sind beispielsweise Seitensprünge oder Inzestfantasien (besonders auffällig ist der Trend zu Inzestfantasien, die durch die Verwendung von Stiefbeziehungen in den letzten Jahren an Popularität gewonnen haben), die in einer Weise präsentiert werden, die gesellschaftliche Tabus anspricht. Das Schockelement und die Grenzüberschreitung sind also immer noch stark vorhanden und im Zentrum der pornografischen Anziehungskraft.
Die Zukunft der Pornografie
Pornografie wird nicht nur wie vielbeschworen zugänglicher, sondern auch vielfältiger und interaktiver. Die Nutzer:innen sind nun aktiv an der Gestaltung von Inhalten beteiligt und beeinflussen die Branchenlandschaft entscheidend. Diese Entwicklungen werfen Fragen auf, wie die Authentizität und die kulturellen Implikationen von Pornografie im digitalen Zeitalter, und zeigen, dass Pornografie immer ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Normen und Werte bleibt. Gleichzeitig sehen wir eine Normierung, die nicht mehr durch Gatekeeper der alten Wertschöpfungskette erklärt werden kann. Eine Vielzahl erzeugt also nicht automatisch eine Vielfalt – gleichzeig gibt es normierende Prozesse. Die Einzelakteur:innen modeln sich und gestalten ihre Inhalte also selbst nach einem stereotypen Bild – wenn das Internet insgesamt dennoch zur leichteren Auffindbarkeit vielfältigerer Formen geführt hat. In dieser dynamischen Umgebung bleibt es spannend zu beobachten, wie sich die Pornografie weiter entwickeln wird und welche neuen Formen der Interaktion und Darstellung entstehen, während sich die Technologien und gesellschaftlichen Einstellungen weiter verändern.
Mehr dazu im Buch „Post-Truth Porn“.